06.09.2009

"Nur wo du zu Fuß warst...

...warst du wirklich."

Am 04.10.09, ab 19 Uhr, liest Ulrich Grober im Naturpark Neckartal-Odenwald.

Ein exquisiter Journalist, ökologisch denkender Philosoph und hochkarätiger Universaldenker wirft mit anregenden Worten und begeisternden Analysen bunte Streiflichter auf das Wesentliche des Wanderns! Lesenswert, hörenswert - wenn Sie die empfehlenswerte Veranstaltung miterleben möchten: Wir freuen uns über Ihr Kommen!

Eintritt an der Abendkasse: 4 Euro




















Bild: Buchautor Ulrich Grober auf der Goethe-Wanderung bei Großkochberg; Aufnahme: Herbert Schnierle-Lutz, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Grober
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Mit dem populären Buch „Vom Wandern - neue Wege zu einer alten Kunst“ entstand 2006 ein Bestseller über eine wiederentdeckte Freizeitaktivität. Wanderglück, so die Botschaft des Autors Ulrich Grober, hängt nicht vom Logo an der Jacke ab. Seine eigenen Pforten der Wahrnehmung möglichst weit öffnen - für Natur und Landschaft und für seine innere Stimme - ist allemal wesentlicher.

Im Trendmarkt Wandertourismus setzt Grober den Akzent auf jene Individualität, die dem heutigen Wanderer entspricht: Wer leidenschaftlich wandert, ist Lebenskünstler, selten ein Freund von Pauschalen. Das Schweifen durch die Landschaft ist Kontrasterfahrung. In einer von den Maßregeln der Ökonomie gezeichneten Welt schafft das Wandern einen Kontrapunkt ökologischen Bewusstseins. Vielleicht liegt genau hierin das Geheimnis, warum jenseits von Kniebundhosen und Karohemden ein neuer Trend des eigenwilligen Gehens herangewachsen ist: Die Rückkehr zum menschlichen Schrittmaß spiegelt Sehnsucht nach Entschleunigung. Wandern ist individuelle Einübung in einen Lebensstil der Nachhaltigkeit.

Auf Einladung des Naturparks Neckartal-Odenwald und des Projektbüros proreg kehrt Ulrich Grober in einen jener Naturräume zurück, in welcher sich seine eigene Vorliebe einst entwickelte. Seine Wanderbiografie begann nämlich im Odenwald - mit einem Gang „über buchenbestandene Kuppen an der Bergstraße hinauf zum Melibocus“, schreibt er. Und: „Das Neckartal ist zum Wandern paradiesisch. Ich kenne es von einigen Touren im Frühling, von Heidelberg aus, auf den Spuren der Romantiker. Fabelhaft.“ - Grobers Lesung in Eberbach dürfte fraglos auch ein fabelhafter Leckerbissen für all diejenigen werden, die das bewusste Schweifen durch die Natur ebenso lieben wie das geistreich wandernde Wort.

(Text: U.Grober/M.Hahl)

Ort: Eberbach, Naturparkzentrum
(wegen möglicher Änderungen bitte Tagespresse beachten!)
Termin: Sonntag, 04. Oktober 2009, ab 19 Uhr
Platzreservierung wird empfohlen:
Naturpark-Geschäftsstelle, Tel. 0 62 71/7 29 85
oder E-Mail: info@naturpark-neckartal-odenwald.de

05.09.2009

Wandertipp: "Lieblingsplatz" Breitenstein

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Alte Kulturlandschaft Breitenstein -
Verbissspuren von Weidetieren

Foto: Dr. Stefan Zeeh

Wandertipp: Mühlenweiler im hellen Grund

- siehe auch Link SWR-Beitrag -

Es gibt so einige zauberhafte Plätze im Odenwald - ein ganz besonderer ist der Höllgrund, ein tief in die Buntsandstein-Schichten eingeschnittenes Bachtal am Fuße des Katzenbuckels, im südlichen Teil des Mittelgebirges gelegen und zur Verbandsgemeinde Waldbrunn gehörend.

Hier scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Auch wenn die Höllgrunder Haushalte nur eine gute halbe Autostunde von Heidelberg oder Mosbach entfernt sind und durch Internet und DSL ohnehin längst globalen Anschluss gefunden haben. Doch im Landschaftsschutzgebiet "Höllgrund mit Eisigklinge und Scheuerklinge" lässt sich der Charakter einer alten Kulturlandschaft noch gut nachvollziehen, und zahlreiche Siedlungs- und Wirtschaftsspuren erzählen uns vor allem aus dem 19. Jahrhundert.

Das historische Foto, das wohl etwa zu Beginn des 20 Jahrhunderts aufgenommen wurde, zeigt den "Mühlenhof", eine Jahrhunderte alte Ansammlung von bäuerlichen Gehöften im Unterhöllgrund. Zwei dieser Gebäude waren zeitweise - zum Zwecke des Getreidemahlens - mit Mühlrädern ausgestattet. Auf dem - heute nicht mehr vorhandenen - Fachwerkhaus Mitte rechts ist das über ein oberschlächtig betriebenes Mühlrad ablaufende Wasser zu sehen, das aus einem Kandel (gemauerter Wasserkanal) dem Mühlgraben zugeleitet wurde.

Eben diese dorfgemeinschaftlich genutzten Kandel aber waren es, die über viele Jahrhunderte hinweg immer wieder auch zu Ärgernissen und Konflikten führten. Der "helle Grund" war stets ein Tal der Mühlen - und der Wiesenwässerung, und so dürfte das bereits seit der Erstdokumentierung eines Unterhöllgrunder Mühlenbetriebs im Jahr 1474 gewesen sein. Beide wirtschaftsgeschichtlichen Nutzungsweisen setzten ein ausgeklügeltes Kandel-System voraus, damit immer genug Wasser sowohl zur Bewässerung der Hangwiesen als auch zum Betreiben der Mühlräder vorhanden war. - Wie in vielen anderen Regionen, so ist auch im Unterhöllgrund ein aktenkundiger Mühlenstreit belegt, der sich im frühen 19. Jahrhundert abspielte: Die Bäuerin Eva Rosina Weiß fürchtete, dass ihr das Wasser für ihre Wiesen abgezapft würde, wenn ihr Nachbar Nikolaus Ihrig seine Pläne, sein Gebäude mit einem Mühlrad auszustatten und eine neue Mahlmühle im Unterhöllgrund anzusiedeln, umsetzen würde.

Als Ihrig schließlich eine herrschaftliche Mühlenkonzession beim Amt Zwingenberg beantragte, begann der fast einjährige Rechtsstreit Weiß contra Ihrig, der sogar zu einer statistischen Bevölkerungserhebung im Herrschaftsgebiet der Zwingenberger führte, um die Notwendigkeit der Errichtung einer neuen Mahlmühle im unteren Höllgrund einschätzen zu können. - Am Ende, im zeitigen Frühjahr 1806, gab es eine gütliche Einigung zwischen beiden Parteien sowie eine exakte gesetzliche Regelung, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit welcher Anlieger Wasser aus den dörflichen Kandeln für seine Wiesen respektive seine Mühle entnehmen durfte. Wiesenwässerungsgesetze hießen solche Regelungen, und es gab sogar sogenannte Wiesenwässerwarte, die im Konfliktfall zweier Interessensgruppen zur Klärung der Umstände und Ansprüche hinzugezogen wurden. - Das historische Foto zeigt die im frühen 20. Jahrhundert immer noch weitaus offenere Hangwiesenlandschaft, kulturlandschaftliche Spuren, die wenige Jahrzehnte später immer mehr von Wiederbewaldung bedroht wurden; neuerdings versucht man durch landschaftspflegerische Maßnahmen dem Verbuschungseffekt ein wenig entgegen zu wirken.

Heute sind im Höllgrund zahlreiche Relikte historischer Wirtschaftsformen erhalten: Verfallene Kandel heben sich als unscheinbare Geländestufen von den Hängen ab, und zwei im 19. Jahrhundert mit Mühlrädern ausgestattete bäuerliche Gebäude stehen noch im Unterhöllgrund und dienen als geschichtsträchtige Wohnhäuser. Im Oberhöllgrund erzählt die restaurierte Holznersmühle mit Mühlrad, Mühlgraben und den über die Hangwiesen angelegten Wasserkandeln aus einer Zeit, als die Odenwaldbauern noch existentiell abhängig davon waren, was ihnen die landschaftlichen Ressourcen bieten konnten, und mit ihnen die technisch erstaunlich gut genutzte Wasserkraft dieses Bachtals.

Das historische Foto aus dem frühen 20. Jahrhundert präsentiert die Oberhöllgrunder Mühle mit einem pflügenden Bauern. Noch heute schlägt das Mühlrad hier den Takt im stillen Höllbachtal!

Sie möchten eine Wanderung durch diese atmosphärische Landschaft unternehmen? - Mein Tipp: Starten Sie im Unterhöllgrund und folgen Sie zunächst der asphaltierten, aber dennoch idyllischen Straße, immer am Höllbach entlang, bis zum Oberhöllgrund. Unterwegs können Sie, wenn Sie die Augen offenhalten, Spuren der landbauhistorischen Wasserkanäle an den Hängen entdecken, aber auch die historischen Häuser des Mühlenhofs werden Sie passieren. An sonnigen Sonntagen, wenn der Ausflugsverkehr zum bewirteten Mühlengasthaus der Familie Holzner besonders groß sein sollte, möchten Sie vielleicht lieber einen der am Hang verlaufenden Wanderwege nutzen, immer parallel zum Talboden. Sie kommen bald an die historische Holznersmühle, wo Sie das intakte Mühlrad bewundern können. Und wenn Sie hier einkehren - vielleicht führt Sie der Gastwirt sogar durch sein historisches Gebäude mit dem liebevoll restaurierten Mahlwerk?!

Dann sei Ihnen der Anstieg, immer weiter am Höllbach, bis nach Mülben empfohlen, wo Sie schließlich am Mülber See das wunderbar gelegene Quellgebiet des etwa sieben Kilometer langen Fließgewässers erreichen. - Für den Rückweg können Sie erst ein Stück den selben Weg benutzen - und dabei vielleicht dem Kurgestüt noch einen Besuch abstatten. Dann aber laufen Sie den 40er Ortsweg von Mülben aus bis zum Felsenhaus, einem markanten Sandstein-Aufschluss, wo einst die heimatlosen Räuber der Winterhauchbande um den Hölzerlips übernachtet und ihr Diebesgut aufgeteilt haben sollen. Übrigens: Auch in einer noch heute erhaltenen Scheune des Unterhöllgrundes soll man den Räubern Unterschlupf gewährt haben! - Über das Jagdschloss Max-Wilhelmshöhe, das aus den Sandsteinen des um 1850 wüstgefallenen Dorfes Oberferdinandsdorf erbaut wurde, kommen Sie auf den Rennweg und von hier aus schließlich wieder in den Unterhöllgrund, dem Ausgangspunkt Ihrer Wanderung. Selbstverständlich können Sie alternativ auch an vielen anderen Lokalitäten Ihren Rundweg beginnen, bspw. an der Holznersmühle oder am Kurpark in Mülben.

Auf der Wanderkarte, Maßstab 1:20.000, Nr. 13 "Neckartal-Odenwald" finden Sie alle Wege und Lokalitäten aufgeführt und können sich Ihre Tageswanderung individuell zusammenstellen. Oder wenn Sie möchten, kontaktieren Sie einfach "Michael Hahl - proreg" und vereinbaren Sie eine geführte Themenwanderung für Ihren Betriebsausflug, Ihre Wandergruppe oder Schulklasse. - So oder so: Wir wünschen viel Spaß im Tal, wo die Zeit langsamer vergeht als anderswo!

Abbildungen:
Alle Fotos stammen aus dem proreg-Archiv - Copyright: Michael Hahl

Publikationen zum Höllgrund:
HAHL, M. (2004): Der Mühlenstreit im Unterhöllgrund 1805/1806. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte des südlichen Odenwaldes sowie zum Konfliktpotential zwischen Mühlengewerbe und Wässerwirtschaft. In: Gemeinde Waldbrunn (Hrsg.): 600 Jahre Waldkatzenbach. Chronik eines Dorfes auf dem Winterhauch. S.129-150
HAHL, M. (2004): Der Streit um das Wasser. In: Dorflinde. Zeitschrift des Odenwaldklubs. 86.Jg. H.3, 2004. S.6-7
HAHL, M. (2004): Der Mühlenhof im Unterhöllgrund. In: Dorflinde. Zeitschrift des Odenwaldklubs. 86.Jg. H.2, 2004. S.4-5
HAHL, M. (2008): Siedlungsspuren im Unterhöllgrund. Geologie und frühe Siedlungsgeschichte eines Weilers im südöstlichen Odenwald. In: Der Odenwald. Zeitschrift des Breuberg-Bundes


Dieser Beitrag wurde am 13. März 2008 auf http://proregnews.blogspot.com/ erstmals veröffentlicht.